Push-Hands/ Schiebende Hände (Tuishou)

Das Push-Hands folgt dem Weg von Taiji. Hierbei lernen wir, Yin und Yang zu unterscheiden und in einem harmonischen, langsamen und dynamischen Gleichgewicht von leer und voll anzuwenden und zu verstehen. Dies geschieht durch das Üben der fühlenden und klebenden Hände, die immer tiefer in das Spüren und Wahrnehmen des inneren Körpers und des Chi-Flusses eindringen können. Push-Hands bildet also die Grundlage der Tai Chi Chuan Kampfkunst, sowohl für das Boxen, die Anwendungen aller Formbewegungen und die Anwendungen des Waffentrainings. Bei diesem Training ist das Bewusstsein ruhig und der Körper locker und entspannt. Die Bewegungen sind weich und fließend und folgen dem Prinzip von Yin und Yang und damit dem Bewusstsein von Taiji.

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Dies äußert sich in der Praxis konkret in den folgenden Prinzipien:

  • Nicht so fest, nicht so locker
  • Bewegt der Partner sich schnell, bewege ich mich auch schnell; bewegt er sich langsam, bewege ich mich auch langsam
  • Führen und Folgen (Yin und Yang folgen einander)
  • Macht der andere einen Wechsel, wechsele ich auch

Der gesamte Körper ist aufrecht und zentriert, alle Gelenke sind locker und entspannt. Hierzu gibt es die 13 Methoden des Tai Chi Chuan, die alle miteinander kombiniert werden können: Peng, Lü, Ji, An, Cai, Lie, Zhou und Kao und die fünf Schritte Qianjing, Houtui, Zuogu, Youpan und Zhongding. Durch diese 13 Methoden werden die verschiedenen Energiequalitäten der einzelnen Kampfkunst-Anwendungen geübt und mit einem wahren Verständnis von Chi verbunden. Dies gelingt uns im Laufe vieler Jahre korrekten Trainings auf einem immer höheren Niveau. 

Im Partnertraining des Tai Chi Chuan Wu-Stil fangen wir mit den Einhandkreis-Übungen an. Hier lernen wir:

  • Fließenden Kontakt
  • Führen und Folgen von Yin und Yang
  • Wechsel von Yin und Yang
  • Harmonie von Yin und Yang
  • Gleichgewichtsverlagerung von XuBu und GongBu
  • Taillendrehung
  • Aufrechter Rücken
  • Korrekte Bewegung der Wirbelsäule
  • Achtsamkeit, Leichtigkeit, entspannt sein und Lockerheit

Darauf aufbauend werden dann auch die 14 Zweihandkreis-Drehtechniken geübt, wobei jede einzelne wiederum verschiedene spezielle Anwendungsmöglichkeiten hat. Durch die Drehtechniken lernen wir, die 13 Methoden des Tai Chi Chuan Wu-Stils zu entwickeln. Zunächst werden die Drehtechniken auf der Stelle durch Gewichtsverlagerung von XuBu zu GongBu und umgekehrt geübt; später auch mit verschiedenen Schrittkombinationen. Nachdem wir die 14 Drehtechniken gelernt haben, können diese miteinander kombiniert werden, sodass ein ganzes Netzwerk vielfältiger Schutzkreise entsteht. All diese Kreise können dann mit den Schritt-Techniken verknüpft werden. Erst wenn wir das Neutralisieren der Kraft des anderen durch die Drehung der Wirbelsäule und Gelenke gelernt haben, können wir lernen, frei und beliebig die einzelnen Schritte in Harmonie von Yin und Yang anzuwenden. Jetzt werden Himmel und Erde miteinander verbunden und die gesamte Wirbelsäule dynamisiert zusammen mit Arm- und Beinspirale das Chi im gesamten Körper.
Jede dieser neuen Verknüpfungen schafft im Gehirn einen neuen Schaltkreis zwischen linker und rechter Hälfte und gleichzeitig öffnet sich ein neuer Energiekreislauf des Chi-Flusses auf den Energiebahnen.
Mit jedem neu gelernten Kreislauf entfaltet sich unser inneres und äußeres Potential mehr und mehr, unsere Bewegungsmuster werden freier und bewusster und unsere innere Intelligenz kann sich entfalten. 

Anwendungstechniken der Tai Chi Chuan-Formen

Folgende Tai Chi-Prinzipien sind in der Anwendung der Kampfkunst zu berücksichtigen:

  1. Man überwindet Härte mit Weichheit: Durch die Kunst des Aufnehmens und Neutralisierens (Lü) können wir im Tai Chi Chuan Wu-Stil lernen, Härte mit Weichheit zu überwinden.2. Man begegnet der Offensive mit Achtsamkeit, Ruhe und Lockerheit: Erst durch Ruhe, Achtsamkeit und Lockerheit ist der Geist (Bewusstsein) klar und mitfühlend. Nur so können wir das TingJin (Fühlen und Verstehen) anwenden.
  2. Man überwindet die Kraft des Angreifers mit weniger Kraft, aber besserem Können: Wenn wir das Folgen und Führen von Yin und Yang gelernt haben und zu einem günstigen einen Wechsel herbeiführen können, können wir den Gegner leicht aus dem Gleichgewicht bringen und ihn somit mit weniger Kraft und besserem Können überwinden.
  3. Man weicht zurück, um vorzudringen: Wenn wir gelernt haben, durch das Zurückweichen vorzudringen, haben wir die Gegensätze von Yin und Yang vereint. Somit verlieren wir nicht den Kontakt mit unserem Gegenüber und bewegen uns mit ihm zusammen als Einheit in Verbundenheit.
  4. Man gibt eine kreisförmige Antwort, sodass das Prinzip einer fast gleichzeitig ablaufenden Bewegung entsteht: Erst die kreisförmigen Bewegungen machen es möglich, dass wir die Kraft unseres Partners aufnehmen, neutralisieren und auf ihn zurückführen können.

Wenn wir den Tai Chi Chuan Wu-Stil als Kampfkunst üben, wird in erster Linie die Jin-Kraft (elastische Kraft) trainiert. Die Übung der Jin-Kraft entwickelt sich einerseits durch das Üben der verschiedenen Tai Chi Chuan Wu-Stil Formen. Jede Form entwickelt allgemeine und spezielle Qualitäten der Jin-Kraft und somit bilden alle Tai Chi Chuan Wu-Stil Formen letztlich eine Gesamtheit. Die eingeübten Qualitäten der Formen werden jetzt durch das gemeinsame Üben in Tuishou (Push-Hands) mit einem Partner zusammen weitergeführt. Durch den Kontakt mit einem Partner lernen wir jetzt die 5 verschiedenen Arten der Jin-Kraft:

  1. Hörende Jin-Kraft
    2. Verstehende Jin-Kraft
    3. Neutralisierende Jin-Kraft
    4. Sammelnde Jin-Kraft
    5. Abgebende Jin-Kraft (FaJin)

    Die Jin-Kraft (elastische Kraft) kann sich durch die Wirbelsäule und alle Gelenke frei und angemessen, langsam oder schnell entfalten.
    Wir entdecken, wie das Chi in Wellen-und Spiralbewegungen im gesamten Körper fließt und sich im Raumgewahrsein fortsetzt. Das Üben der Jin-Kraft hilft uns, verschiedene Voraussetzungen für die innere Kampfkunst zu entwickeln. Die Jin-Kraft entwickelt sich durch das Verständnis und Können des Wechsels von Yin und Yang durch natürliche, spiralförmige und lockere Bewegung und die Kunst des natürlichen Loslassen-Könnens (WuWei) in Verbindung mit den 13 Methoden.

    Jin-Kraft:

  • führt zu natürlicher, entspannter und lockerer Bewegung
  • ermöglicht den freien Chi-Fluss, verbessert die Gesundheit, erhält und verbessert die Beweglichkeit in jedem Alter
  • verbindet die diagonale Kraft von der Hand zum Fuß und vom Fuß zur Hand; durch die Taillendrehung und Drehung der Gelenke entwickelt sich die Spiraldynamik im ganzen Körper
  • bildet die Grundlage der inneren Kampfkunst

Durch die Klarheit der Methode des Lernens kann Tai Chi Chuan somit von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, Männern und Frauen gleichermaßen erlernt werden und bis ins hohe Alter ausgeübt werden. Dadurch können auch ältere Menschen es gut praktizieren und sich jederzeit weiterentwickeln. In China ist es üblich, dass sich ältere Menschen morgens und abends in den Parks treffen und gemeinsam QiGong-Übungen ausführen, die Tai Chi Chuan-Formen und das Tuishou (Partnertraining) trainieren. Einige üben sogar noch die Waffenformen des Tai Chi Chuan und deren Anwendungen. Somit sind Tai Chi Chuan und QiGong vor allem auch für ältere Menschen ein Weg der Harmonie mit den Ur-Kräften von Yin und Yang, die innere Selbst-Natur zu erkennen und mit ihr eins zu werden. Dies ermöglicht ein natürliches und ganzheitliches Leben in einer modernen, gekünstelten und technisierten Zivilisation.
Die größten Könner dieser Kunst sind oft die alten Meister, die viele Jahre lang diese Kunst kultiviert haben. Ein hohes Lebensalter bei guter Gesundheit, Beweglichkeit und Vitalität ist für viele ältere Menschen hierdurch möglich.

Der Tai Chi Chuan Wu-Stil ist folglich ein komplettes inneres Kung-Fu-System, das gleichzeitig der Gesundheitsförderung als auch der Kampfkunst dient. Außerdem vermittelt es eine sehr anspruchsvolle Lebensphilosophie von Yin und Yang, was in unserem modernen Alltags- und Berufsleben und in unseren sozialen Beziehungen stabilisierend und ausgleichend wirkt. Durch das regelmäßige Üben der inneren Kampfkunst-Prinzipien entsteht in uns:

 innere Achtsamkeit
 innere Ausgeglichenheit
 innere Ruhe
 innere Beweglichkeit
 innere Ausdauer und Beharrlichkeit
 innere friedvolle Haltung
 innere freundliche Grundeinstellung
 innere Vitalität
 innere Sensibilität 

Quelle: Tai Chi Chuan Wu-Stil, QiGong, Meditation und die kosmische Lebensenergie Chi (Jürgen Meyer 2010)

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